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AutorenbildThomas

Wo ich Angst bekomme

Ich war Mitte Mai 2020 mit dem Rad im Ort, um zur Bank zu gehen. Als ich vor der Bank vom Fahrrad abgestiegen bin, bemerkte ich, dass ich meine Maske zu Hause vergessen hatte. Nach kurzem hin und her überlegen ging ich trotzdem in die Bank, da ich es einfach halten wollte, und mir dachte, es wird schon nicht so schlimm sein.


War es aber, obwohl ich niemandem näher kam als zwei Meter. Es waren vier Kunden in der Bank, und ich sah vier Angestellte. Alle außer mir trugen einen Mundschutz, und ich hatte den Eindruck, sie sahen mich ganz schockiert an. Überall hingen Schilder, die zum Mundschutz tragen aufriefen, und Desinfektionsmittel stand an jeder Ecke zur Verfügung. Obwohl ich sehr verunsichert war, wagte ich mich doch bis zum Schalter, wo eine Glaswand angebracht war, die den jungen Mann am Bankschalter von mir trennte. Dieser sah mich ganz entgeistert an und meinte: "Entschuldigung, Sie müssen hier einen Mundschutz tragen"

Ich sagte: "Ich weiß, aber ich habe ihn gerade nicht da, könnte ich bitte trotzdem kurz etwas abheben, ich bin auch gleich wieder draußen". Ein, zwei Sekunden lang sah ich, wie der junge Bankangestellte mit sich rang, dann sagte er: "Na gut, aber bitte nehmen Sie nächstes Mal die Maske mit." Ich habe mich wirklich sehr unwohl gefühlt, zumal auch noch mehrere Kameras in meine Richtung schauten.

Nachdem ich die Abhebung gemacht hatte, bin ich fast aus der Bank geflüchtet, aufs Rad gestiegen und nach Hause gefahren. Dabei habe ich noch darüber nachgedacht, und mir ist bewusst geworden, wie seltsam diese Situation eigentlich war.


Zuerst schmunzelte ich. Ich überlegte: "Wenn mir jemand Ende Februar prophezeit hätte, dass ich in ein paar Wochen in eine Bank gehen werde, und man mich da wie einen Verbrecher anstarrt, weil ich dies unmaskiert mache, dann hätte ich mir gedacht, der ist übergeschnappt".

Dann rechnete ich nochmals nach: Bei derzeit 33 nachweislich Corona-Infizierten in Oberösterreich  müsste ich über 45.000 Menschen begegnen, um einen Infizierten zu finden. Da kam mir meine eigene Reaktion und auch die der Anderen in dieser Bank plötzlich völlig surreal vor.

Und da bekam ich Angst. Mir wurde bewusst, dass ich niemals damit gerechnet hätte, dass sich in so kurzer Zeit unser gesamtes soziales Miteinander so unglaublich ändern könnte. Mein Vertrauen in Sicherheit und Kontinuität war futsch.


Ich selbst fühlte mich in der Bank so unwohl, und reagierte fast, als ob ich ein Verbrechen begangen hätte, obwohl eigentlich keinerlei Gefährdung für irgendwen bestand. Dass überall diese Maßnahmen so genau genommen werden, auch wenn es in der Situation meines Erachtens gar nicht notwendig wäre, ist für mich so, als ob wir alle unseren Hausverstand weggeschmissen hätten. Da mache ich mir große Sorgen um die Zukunft, weil ich mir so wünsche, dass wir Menschen selbstverantwortlich und selbstbestimmt handeln, was für mich nicht bedeutet, dass mir Gesundheit und Rücksichtnahme nicht wichtig sind, aber der Situation angemessen.


Ich bitte alle Leser*innen, bei Anordnungen wach zu bleiben und evtl. zu hinterfragen, ob ihr einfach aus Gewohnheit oder Gehorsam Folge leistet, oder ob ihr sie nachvollziehen könnt und wirklich mittragen. Eine Anordnung, welche ausschließlich eingehalten wird, weil sonst Strafe droht, und nicht, weil sie auch Sinn macht, sollte hinterfragt werden dürfen.


Ich würde mich über Rückmeldungen freuen, bin etwas unsicher, ob ich mit dieser Geschichte womöglich einige Auslöser drücke. Ich bin gerne bereit, auch meine Meinung zu hinterfragen und bin gespannt auf den Austausch.

Thomas



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