Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg
- Thomas
- 1. Juli
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Wie Worte Brücken bauen können – nicht nur im Kopf, sondern von Herz zu Herz
Es gibt Begegnungen, die verändern etwas. Manchmal ist es ein Satz, ein Blick, ein Schweigen. Und manchmal ist es eine Haltung – wie jene humanistische Haltung, die Dr. Marshall B. Rosenberg der Gewaltfreien Kommunikation zu Grunde gelegt hat. Als Begründer der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) hat er nicht nur ein Modell entwickelt, sondern eine Sprache für das Leben. Eine Sprache, die nicht trennt, sondern verbindet. Eine Sprache, die wir bei Friedisch bestmöglich leben, lehren und teilen.
In diesem Artikel erfährst du:
Was Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg bedeutet
Wie du GFK in Familie, Beruf und Selbstführung anwenden kannst
Was eine gute GFK-Ausbildung ausmacht – und worauf wir bei Friedisch besonderen Wert legen
Und warum Empathie, Wertschätzung und Mitgefühl heute wichtiger sind denn je
Wer war Marshall Rosenberg?
Der Mensch hinter der Methode Gewaltfreie Kommunikation
Marshall B. Rosenberg war kein Theoretiker im Elfenbeinturm. Er war ein Praktiker. Geboren 1934 in Ohio, wuchs er als jüdisches Kind inmitten von Rassismus und Gewalt auf. Diese Erfahrungen prägten ihn – und brachten ihn zu der Frage, die bis heute zentral für die Gewaltfreie Kommunikation ist:
Warum reagieren Menschen in stressigen Situationen gewaltvoll, während andere empathisch bleiben?
Rosenberg studierte Psychologie, war Schüler von Carl Rogers und entwickelte mit der GFK einen Kommunikationsansatz, der weltweit Anwendung findet – in Klassenzimmern, in Konfliktzonen, in der Partnerschaft, in Vorstandsetagen, überall, wo Menschen gewillt sind, ihre Aufmerksamkeit auf Kooperation zu richten.
Was ist Gewaltfreie Kommunikation?
Definition, Kernprinzipien und das 4-Schritte-Modell
Gewaltfreie Kommunikation (engl. Nonviolent Communication – NVC) ist ein Kommunikationsmodell, das auf Empathie, Authentizität, Aufrichtigkeit und freiwilliger Kooperation basiert. Sie schafft ein Klima, in dem Menschen bereit sind, einander wirklich zuzuhören – jenseits von Schuld, Angriff oder Rückzug.
Die vier Schritte der GFK:
Beobachtung: Was sehe ich konkret – ohne Bewertung→ „Die letzten drei Tage hast du das Geschirr auf der Spüle stehen lassen.“
Gefühl: Wie fühle ich mich?→ „Ich bin frustriert.“
Bedürfnis: Was brauche ich wirklich?→ „Mir ist Ordnung wichtig, um mich entspannen zu können.“
Bitte: Was wünsche ich mir konkret?→ „Kannst du mir sagen, ob du künftig das Geschirr gleich nach dem Essen abspülen kannst?“
GFK ist mehr als eine Technik. Sie ist eine Haltung, die davon ausgeht, dass alle Menschen mit ihren Handlungen Bedürfnisse zu erfüllen versuchen. Darauf wird der Blick gerichtet, statt darauf, den Fehler zu finden. Giraffensprache vs. Wolfssprache
Wie Sprache verbinden oder trennen kann
Rosenberg sprach gerne in Bildern. Die Giraffe, mit ihrem großen Herzen, steht für empathische, verbindende Kommunikation. Der Wolf steht für Urteile, Forderungen, Kritik – und letztlich für Trennung.
Diese Bilder helfen, die zugrunde liegenden Prinzipien besser zu verstehen. Blicke ich gerade auf das Trennende oder auf das Verbindende? Reagiere ich aus einem Bedürfnis heraus – oder aus einem alten Muster?
Ein kleiner sprachlicher Trick aus unseren Seminaren: Ersetze „Ja, aber…“ durch „Ja, und gleichzeitig…“ – und du öffnest Raum für Mehrstimmigkeit und Kooperation.

Gewaltfreie Kommunikation im Alltag anwenden
🏡 GFK in der Familie: Verbindung statt Machtkampf
Die Familie ist oft unser erstes Übungsfeld – und vielleicht auch das Lohnendste. Wenn das Kind zum dritten Mal sagt: „Ich geh nicht ins Bett!“ und innerlich schon der Puls steigt, dann braucht es ein Werkzeug, um das Miteinander zu meistern.
Eine Teilnehmerin unseres Familienseminars erzählte, wie sie plötzlich innehielt, als ihre Tochter die Zimmertür knallte. Statt in den Reflex „Jetzt reicht’s!“ zu rutschen, atmete sie. Schaute. Und sagte schließlich: „Ich sehe, dass du heute nicht schlafen willst. Ich bin müde und brauche Ruhe. Magst du mit mir schauen, wie wir das gemeinsam lösen können?“
Das Kind schaute überrascht. Und entspannte sich. Kein Machtkampf. Keine Tränen. Nur ein ehrlicher Moment.
In unseren GFK-Familienformaten zeigen wir, wie Kinder aufblühen, wenn sie mit ihren Gefühlen gehört werden – und Erwachsene ihren Bedürfnissen treu bleiben, ohne hart zu werden. GFK heißt hier nicht: „alles erlauben“. Es heißt: „Grenzen setzen, ohne die Beziehung zu verlieren.“
🏢 GFK im Unternehmen: Klarheit ohne Härte
„Ich wusste nicht, dass man Nein sagen kann, ohne hart zu klingen“, sagte ein Teamleiter in einem unserer Firmentrainings. Er hatte gelernt, dass Führung entweder „nett“ oder „durchgreifend“ sein müsse – bis er erlebte, dass es einen dritten Weg gibt: klar, verbindlich und wertschätzend.
Mit GFK wird Feedback zu einer Einladung statt zur Kritik. Konflikte werden besprechbar, ohne in Eskalation zu kippen. In einem Teamseminar übten wir, wie echte Bitten formuliert werden – mit Freiwilligkeit, aber auch mit Klarheit. Und wie empathisches Zuhören Meetings komplett verändern kann.
Das Ergebnis? Weniger unterschwelliger Stress. Mehr Motivation. Und überraschend viele „Aha“-Momente – bei Führungskräften wie Mitarbeitenden.
Besonders berührend: Als eine Mitarbeiterin nach einem Gespräch mit GFK-Prinzipien sagte: „Ich wurde das erste Mal seit Jahren wirklich gesehen. “Solche Sätze erinnern uns, warum wir diese Arbeit machen.
💫 GFK in der Selbstführung: Wenn aus Frust Klarheit wird
Nicola erzählt im Blog von einer Situation, die viele kennen: Nach einem langen Wandertag landen sie und Thomas in einem Gasthauszimmer – winzig, stickig, ohne Bad. Die Stimmung? Kippend.
Erst kam der Ärger. Die inneren Urteile („Wie kann man so etwas anbieten?“). Dann der Moment der Pause. Nicola ließ den Frust da sein, spürte Tränen kommen – und stellte sich die Frage: Was brauche ich gerade wirklich?
Die Antwort war nicht mehr „ein besseres Zimmer“. Es war: Wohlfühlen. Ehrlichkeit. Fairness.
Mit dieser Klarheit sprach sie die Gastgeberin an – ehrlich, ruhig, ohne Vorwurf. Die Folge: Verständnis. Ein halber Preis. Und ein Gespräch, das auf Augenhöhe stattfand.
Für uns bei Friedisch ist genau das gelebte GFK. Nicht als Technik. Sondern als Haltung, die auch im Innen beginnt. Mit dem Mut, sich selbst empathisch zu begegnen – und das dann nach außen zu tragen.
GFK im Gespräch: „Ja, aber…“ – oder: Wie kleine Worte große Wirkung haben
Ich habe in Diskussionen oft erlebt, wie schnell ein „Ja, aber…“ eine Wand aufzieht. Gerade war noch Verbindung – und plötzlich spüre ich Widerstand in mir. Als ob das, was ich gesagt habe, mit einem Wisch vom Tisch gefegt wird. Und ich merke: Jetzt will ich nur noch mein Argument verteidigen – statt wirklich zuzuhören.
Für mich ist das nicht nur eine Frage der Formulierung, sondern der Haltung. Ich wünsche mir Gespräche, in denen wir einander wirklich hören. Wo Meinungsverschiedenheit nicht bedeutet, dass einer verliert. Sondern dass wir gemeinsam etwas Drittes finden – das, was für beide stimmig ist.
Mit meinen Studierenden an der FH mache ich deshalb seit Jahren eine Übung: Zuerst diskutieren sie kontrovers mit „Ja, aber…“. Dann wiederholen wir dieselbe Diskussion – diesmal mit dem Fokus darauf, das Gesagte erst zu spiegeln und dann mit „…und gleichzeitig…“ die eigene Sicht einzubringen.
Was dabei passiert, ist jedes Mal berührend. Es entsteht Raum. Verbindung. Verständnis.
Eine Teilnehmerin sagte:
„Ich habe gemerkt, wie viel offener und entspannter das Gespräch wurde – nur durch diese kleine Änderung.“
Für mich zeigt das: Gewaltfreie Kommunikation beginnt oft im Kleinen. In einem Wort. In einem Moment des Innehaltens. Und in der Bereitschaft, das Gegenüber wirklich gelten zu lassen – ohne mich selbst zurückzunehmen.
Wenn wir einander so begegnen, bauen wir Brücken.
Was macht eine gute GFK-Ausbildung aus?
Ein Weg, der nicht nur informiert – sondern verwandelt
Wir erleben es immer wieder: Menschen kommen zu einem Seminar, weil sie „besser kommunizieren“ wollen – und gehen mit etwas viel Tieferem. Mit einem anderen Blick auf sich selbst, auf andere, auf Beziehung. Doch das passiert nicht durch ein paar Theorieinputs oder ein Wochenendtraining.
Eine gute GFK-Ausbildung braucht Raum. Zeit. Und Menschen, die diesen Raum halten – mit Zugewandtheit, Achtsamkeit und Kompetenz.

1. Tiefe statt Technik
GFK ist keine Methode zum „besser überzeugen“. Es ist ein Weg zu mehr Bewusstheit und Verbindung. Darum dauert unser Alltagspractitioner-Lehrgang zwei Jahre. 22 intensive Seminartage, Peergruppen, Supervision – und viele echte Erfahrungen dazwischen. Nicht für den Lebenslauf. Fürs Leben. Für die natürliche Integration im Alltag.
2. Trainer:innen mit Haltung
Wir – Nicola und Thomas – sind tagtäglich bemüht, zu leben, was wir lehren. Und wir lernen selbst weiter. Weit über 100 Ausbildungstage, 12 davon bei Marshall Rosenberg persönlich, und jahrzehntelange Begleitung von Menschen. Uns geht es nicht um die perfekte Vermittlung. Uns geht es um Echtheit. Und darum, dass du dich bei uns sicher genug fühlst, um wirklich zu wachsen und dir die Sprache des Friedens auf authentische Weise anzueignen.
3. Ganzheitliches Lernen
In unseren Kursen wird nicht nur gesprochen – da wird bewegt, gefühlt, gelacht. Wir arbeiten mit einem bunten Mix an Übungssettings, mit Körper (z. B. TRE), mit Natur, mit kreativen Tools, mit Humor. Denn Entwicklung braucht Vielfalt und Lernen Begeisterung.
4. Alltagstauglich – ganz wirklich
Was bringt die schönste Theorie, wenn sie im Stressmoment nicht trägt? Uns ist wichtig, dass du rausgehst und sagst: „Das kann ich anwenden – in meinem Gespräch mit dem Partner, in Schule und Kindergarten, im Konflikt im Job.“ Nicht perfekt. Aber präsent. Nicht auswendig. Sondern echt.
Denn genau darum geht es: Dass GFK kein Konzept bleibt – sondern zur Sprache deines Alltags wird. Und zur Haltung, mit der du dieser Welt begegnest und dir jenes Leben erschaffst, das du ersehnst.
Gewaltfreie Kommunikation – ein Weg, den wir gemeinsam gehen können
Manchmal fragen uns Teilnehmer:innen am Ende eines Seminars: „Und wie geht’s jetzt weiter?“ Unsere Antwort ist oft ganz einfach – und zugleich tief gemeint: „Mit dem nächsten echten Gespräch.“
Denn Gewaltfreie Kommunikation ist nichts, was man einmal verstanden hat. Sie ist etwas, das wir immer wieder neu üben dürfen. Im Gespräch mit unseren Kindern. In der hitzigen Teamsitzung. Im stillen Moment mit uns selbst, wenn der innere Wolf zu knurren beginnt.
Für uns bei Friedisch ist GFK nicht bloß ein Konzept. Sie ist ein Lebensweg. Einer, der nicht immer bequem ist, aber immer echt. Einer, der nicht nach Perfektion ruft, sondern nach Präsenz und wohlmeinendem Miteinander. Und einer, der zeigt: Frieden beginnt genau hier – in der Art, wie wir miteinander sprechen und voneinander denken.
Marshall Rosenberg hat es so gesagt:
„Was wir am meisten genießen, ist, zum Wohlergehen anderer Menschen beizutragen.“
Und vielleicht ist es genau das, was die GFK ( auch Giraffensprache genannt) in uns weckt: die Freude daran, einander zu sehen. Wirklich zu sehen. Und von dort aus etwas Neues entstehen zu lassen.
Wenn du magst, begleiten wir dich ein Stück auf diesem Weg. Mit Herz, Humor – und einer Sprache, die verbindet.

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