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Wir haben die Wahl - Weg aus dem alten Muster

Nicola und ich sind inzwischen über 30 Jahre ein Paar, und wir sind in dieser Zeit gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen. Und nach jedem „Tal“ war der darauffolgende „Berg“ etwas höher. Seit wir uns mit Gewaltfreier Kommunikation beschäftigen, haben wir viele Fertigkeiten entwickelt, wie wir mit Konflikten konstruktiv(er) umgehen. Trotzdem kommt es auch bei uns vor, dass ein Konflikt zuerst einmal eskaliert, bevor wir umschalten und uns erinnern, dass in dem Konflikt ein Schatz verborgen liegt, den wir gemeinsam bergen können.


Eine Situation, bei der wir immer wieder in Streit geraten sind, war folgende:  Nicola hat in irgendeiner Situation auf eine Art reagiert, die ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. In meinem Kopf bildete sich das Urteil: „Jetzt ist sie hysterisch.“ Meine Reaktion auf dieses Urteil war, dass ich mit Sarkasmus reagiert habe, wodurch sich die Situation zugespitzt hat. Nachdem wir uns beruhigten und ich in der Lage war, zuzuhören, habe ich Ihre Reaktion gut nachvollziehen können. Da habe ich mir gedacht: „Warum nicht gleich zuhören?“


Das Schwierige daran war, wie ich meine automatisierte Erstreaktion stoppen konnte. Und da habe ich für mich fünf Punkte verankert, die mich sehr unterstützen:


1.) Wenn bei mir der Gedanke auftaucht: „Jetzt ist sie hysterisch“, ist das mein Anker, den ich als Weckruf nutze. Dann sage ich zu mir: „Das kenne ich, das denke ich, weil ich sie momentan nicht verstehe“


2.) Ich atme ein paar Mal tief durch und bin mit meinem Fokus empathisch bei mir, bei meinen Gefühlen und Bedürfnissen.


3.) Ich verspreche mir selbst, dass ich etwas später für mich einstehe, indem ich meine Gefühle und Bedürfnisse in dieser Situation bei Nicola ansprechen werde.


4.) Ich bin neugierig, was jetzt bei Nicola los ist, dass sie auf diese Art reagiert, frage nach, damit ich nachvollziehen kann, um welche Bedürfnisse es ihr geht.


5.) Nachdem ich verstehe, warum sie auf diese Art reagiert hat, bin ich wesentlich ruhiger und entspannter. Dann trete ich auch für mich ein, indem ich ihr erzähle, wie sich diese Situation für mich dargestellt hat, und was ich brauche.


Auch wenn es mir noch nicht jedes Mal gelingt, diese Punkte sofort umzusetzen, bin ich doch hochmotiviert, weil wir in den Fällen, in denen es gelingt, leicht und einfach konstruktive Lösungen finden. Mir ist wichtig, dass ich diese 5 Punkte wirklich für mich mache, und dass ich mich bewusst dafür entscheide und nicht, weil ich es muss.


Mir ist klar, dass diese Punkte nicht für jeden Menschen in jedem Konflikt passend sein werden. Es geht darum, bewusst eine Art Anker zu setzen, der uns hilft, aus unseren gewohnten Mustern auszubrechen, und eine neue Reaktion zu etablieren. Ich empfehle, bei Situationen, die immer wieder ähnlich eskalieren, einen solchen Anker zu setzen und einige erste Schritte, die helfen, anders zu reagieren als zuvor.

Manche Leser werden jetzt sagen: So einfach ist das nicht, das geht oft so schnell, dass ich keine Chance habe.


Dazu habe ich auch einen wichtigen Tipp aus meiner Erfahrung: Achtsam mit mir sein und feinfühlig werden, um leichte Anzeichen unangenehmer Gefühle und unerfüllter Bedürfnisse bereits wahrzunehmen, und für mich zu sorgen. Dann staut es sich in mir nicht so auf, und ich habe mehr Zeit, bis in einer Situation mein Stammhirn das Ruder übernimmt mit Angriff, Flucht oder Starre.


Ich hoffe, diese Gedanken erinnern daran, dass wir immer eine Wahl haben, wie wir reagieren und worauf wir unser Augenmerk richten, auch wenn es oft schwierig erscheint.


Thomas


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