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  • AutorenbildThomas

„Ich kauf mir ein Motocross Motorrad“

Kürzlich sagte Michael zu mir:  „Papa, ich kauf mir ein Motocross Motorrad, ich möchte damit durchs Gelände fegen, das ist voll geil.“

Ich war von dieser Idee nicht begeistert, habe jedoch nicht sofort reagiert, weil ich mir selbst zuerst die Zeit geben wollte, hier klar zu werden, worum es mir da geht. So habe ich meine Gedanken angeschaut und meine Gefühle und Bedürfnisse dahinter gesucht. Bei mir waren folgende Gedanken da: „…Das ist gefährlich, da tut er sich nur weh (=> besorgt - Sicherheit), … Jetzt schmeißt er sein Geld für so einen Unsinn raus (=> skeptisch - Sinnvoller Umgang mit Ressourcen), … Er braucht das Geld doch für seine Fortbildung (=> beunruhigt - Wohlergehen & Umsicht), … Und dann kommt er wieder und jammert, dass er kein Geld hat (=> frustriert - Entlastung & Loslassen), … Das ist ja volle Umweltverschmutzung (=> verärgert, Rücksichtnahme auf die Umwelt)“. Gleichzeitig waren auch andere Gedanken da, wie: „… Ich wollte als Junger auch ein Motorrad, hab´s mir aber nie gegönnt, soll er das doch machen (=> bedauern - Verständnis & Lebensfreude), …er ist alt genug, er wird schon wissen, was er tut (=> ruhig - Vertrauen), …er soll die Chance haben, eigene Erfahrungen zu machen (=> bewegt - Freiheit & Selbstbestimmung)

Nachdem ich mir klar war, worum es mir geht, war ich bereit, mit ihm darüber zu reden. Mir war klar, dass ich ihm nicht alles auf einmal sagen konnte, und auch, dass ich noch keine konkrete Bitte dazu habe, außer, dass wir miteinander darüber reden. So habe ich überlegt, mit welchem Teil ich zuerst ins Gespräch gehe. Das sah dann in etwa so aus, dass ich ihn zuerst fragte, ob er kurz Zeit hat, mit mir über seinen Motorradwunsch zu sprechen. Nachdem wir die Zeit dazu hatten, begann ich: „Michael, wenn ich das mit dem Motocrossbike höre, bin ich hin und her gerissen. Einerseits möchte ich, dass Du Erfahrungen machen kannst und bin bewegt, weil ich Dir Freiheit gönnen möchte. Andererseits bin ich beunruhigt, weil ich weiß Du möchtest Dich fortbilden, und da möchte ich auch umsichtig sein. Wie geht es Dir, wenn Du das hörst?".

Michael hat mir darauf erklärt, dass er sich das mit dem Geld gut überlegt hat, auch was die Fortbildung angeht, und war bereit, auch weiter im Gespräch zu bleiben. Es war ein ruhiges, entspanntes Gespräch, in dem ich nach der Reihe alle meine Gefühle und Bedürfnisse deutlich machte, und auch mehr Vertrauen gewann, dass Michael all dies ebenfalls wichtig ist. Schlussendlich sind wir da verblieben, dass er nochmals darüber nachdenkt. Jetzt möchte er sich ein straßentaugliches Motorrad kaufen, mit dem er Fahrten macht, die er sonst ohnehin mit dem Auto gemacht hätte, und darüber hinaus auch im Gelände fahren kann.

Ich freue mich sehr über diesen Gesprächsverlauf, einerseits bin ich gehört worden, und auch mein Vertrauen ist gestiegen, was für Entlastung gesorgt hat. Andererseits hat dieser Austausch auch unsere Beziehung gefestigt. und das „Tüpfelchen am I“ war, dass Michael bereit war, sein Vorhaben zu ändern, was mir auch Wirksamkeit erfüllt hat.

Ich hoffe, mit dieser Geschichte zu inspirieren, offen in ein Gespräch zu gehen, und sowohl das Eigene klar zu vertreten als auch den Anderen zu sehen und zu verstehen. Das Ergebnis aus solchen Gesprächen ist für mich immer wieder spannend und erfüllend. Ich würde mich freuen über Eure Rückmeldungen oder eigenen Erfahrungen mit ähnlichen Gesprächen.

Thomas


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